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21.04.2020

COVID-19 und die Veranstaltungsbranche

Vorne Weg sei gesagt es handelt sich hier um keinen politisch motivierten Text, sondern um eine frustrierte Zusammenfassung der aktuellen Lage der gesamten Veranstaltungsbranche. Wir Technikdienstleiter sitzen im gleichen Boot wie Künstler, Veranstalter, Agenturen, Caterer, etc.
Dieser Text darf gerne von jedem geteilt werden der selbst in dieser Branche betroffen ist und auf sich aufmerksam machen möchte oder einfach nur auf diese Weise auf die Situation der Leute die normalerweise abseits des Rampenlichts ihre Arbeit verrichten hinweisen möchte.

Dass selbst die kleinsten Dinge großes bewirken können beweist uns das Virus mit der Bezeichnung COVID-19 gerade ziemlich eindrucksvoll. Unser aller Alltag steht Kopf, wochenlang durften nur überlebenswichtige Betriebe ihre Geschäfte offen halten, ein Großteil der Angestellten durfte (oder musste - je nachdem wen man fragt) den Arbeitsplatz in das Homeoffice verlegen und soziale Kontakte außerhalb der eigenen vier Wände sind auf ein absolutes Minimum beschränkt.

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Aktuelle Situation

Nach und nach werden die Verordnungen mittlerweile zwar wieder gelockert und Handel und Gastronomie dürfen wieder eingeschränkt ihre Tätigkeiten aufnehmen, aber die Veranstaltungsbranche hat bisweilen keine Aussicht auf Besserung ihrer Lage.
Aktuell sind zwar nur Großveranstaltungen bis 31.08.2020 per Verordnung untersagt, de facto wird es bis 31.08.2020 aber auch keine anderen Veranstaltungen geben, da niemand die strengen Vorkehrungen vollständig einhalten kann ohne dabei seine Veranstaltungen nur unwirtschaftlich über die Bühne zu bringen.
Als Beispiel nehmen wir hier den Saal eines Kulturvereins mit einer Publikumsfläche von etwa 100 Quadratmetern, behördlich ist dieser Saal auf 100 Personen zugelassen, aber mit der aktuellen Verordnung von mindestens 20 Quadratmetern pro Person dürfen Veranstaltungen mit höchstens 5 Personen (abzgl. Techniker) in dieser Location stattfinden. Wenn man Werbekosten, Betriebskosten, Technikosten, etc. einmal nicht beachtet und nur das Honorar für bspw. einen noch eher leistbaren Kabarettisten betrachtet müssten Ticketpreise zwischen 200€ und 400€ pro Person angesetzt werden nur um den Künstler bezahlen zu können. Bei diesen Preisen werden wohl nicht einmal die neben dem Techniker erlaubten 4 Zuschauer die Veranstaltung besuchen.
Jeder wird sich vorstellen können wie viele Veranstalter dieses Risiko eingehen. Leider sehen sich die meisten Veranstalter mit einem ähnlichen Problem konfrontiert wenn man ihnen als Ersatz eine Liveübertragung im Internet vorschlägt, denn Zuschauerzahlen lassen sich gerade bei einer erstmaligen Übertragung nur schwer zuverlässig voraussagen und wenn doch fallen sie eher gering aus.

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first in, last out

Begonnen hat die Verschlechterung der Situation für die Veranstaltungsbranche bereits Mitte Februar, für manche auch bereits früher, denn Aufgrund der Geschehnisse in Italien zu dieser Zeit musste bereits von baldigen strikten Maßnahmen auch in Österreich und Deutschland ausgegangen werden und erste Veranstaltungsabsagen waren die Konsequenz. Besonders hart getroffen hat die Branche aber das von einem auf den anderen Tag behördlich verordnete Veranstaltungsverbot für Events über 500 Personen Outdoor und über 100 Personen Indoor. Denn auch viele Veranstaltungen, die unter diesen Grenzen gelegen wären, wurden aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten der Veranstalter vorsorglich abgesagt. Zur Zeit der Verhängung dieses Verbots liefen der Handel, Gastronomie und andere Gewerbe noch unbeeinflusst von solchen Verordnungen weiter und wurden erst am Montag darauf, mit einer Vorbereitungszeit von wenigstens ein paar Tagen, von diesen getroffen. Für diese Branchen sind mittlerweile Lockerungen in Aussicht bzw. schon in Kraft getreten die ihnen, wenn auch eingeschränkt, einen Betrieb ermöglichen.
Aussagen über das weitere Vorgehen der Bundesregierung in Bezug auf das Veranstaltungsverbot werden stets nur vage formuliert, dementsprechend können Unternehmen der Veranstaltungsbranche nicht vorausplanen wie lange diese Situation anhält und sie ohne Einkommen durchhalten müssen. Durch diese Unsicherheit wird die Situation zusätzlich verschlechtert da kaum ein Veranstalter es wagt Veranstaltungen nach dem aktuellen Verbot bis 31.08.2020 anzusetzen, da diese Frist täglich verlängert werden könnte und abermals Absagen ausgesprochen werden müssten.

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ohne-uns.at

Um auf die Situation der Veranstaltungsbranche hinzuweisen haben einige Betroffene Unternehmer die Aktion ohne-uns.at ins Leben gerufen, der sich mittlerweile über 400 Unternehmen und Einzelpersonen angeschlossen haben. Ohne-uns.at hat es sich zum Ziel gesetzt sich als Vertreter für die Branche einzusetzen und die Probleme und Interessen dieser zu vertreten, aus diesem Grund wurden per Umfrage unter den Unterstützern Zahlen und Einschätzungen zur aktuellen Lage und zu den persönlichen Voraussagen der Veränderung dieser in der nahen Zukunft.
Zusammengefasst wurden diese Daten in den vier nachfolgenden Diagrammen, die zeigen wie der Umsatz der Branche durch COVID-19 eingebrochen ist, wie die Regelungen der Regierung die Situation weiterhin schlecht halten und wie sich die finanzielle Situation der Branche darstellt.

Zum vergrößern der Grafiken bitte klicken

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Grafiken © www.ohne-uns.at


Ein offener Brief an das Bundeskanzleramt der die Situation für die Verantwortlichen dort kommunizieren sollte wurde zwar beantwortet aber mit dem Hinweis auf die 15 Mrd. Euro des Hilfsfonds bzw. die Gesamtsumme von 38 Mrd. Euro die zur „Abfederung“ des wirtschaftlichen Schadens zur Verfügung stehen abgetan.
Der Härtefallfonds hilft zwar den Unternehmern und Selbständigen ihre Privatkosten weiterhin einigermaßen zu decken, aber die Fixkosten der Unternehmen können damit in keiner Weise gedeckt werden und der Erhalt der Firmen und damit der Arbeitsplätze ist mehr als ungewiss.
Auch die staatlichen Sicherheiten für Kredite sind lächerlich:
Warum soll sich ein Unternehmen, das bisher profitabel gearbeitet hat und dies, unter normalen Bedingungen, auch weiterhin getan hätte, verschulden um Löcher zu stopfen die durch staatliche Verordnungen entstanden sind?
Warum wird die Aufnahme eines Kredits gefördert der dazu führt dass die zukünftigen Fixkosten eines Unternehmens in die Höhe getrieben werden?
Warum soll ein Unternehmen dem nicht ordentlich unter die Arme gegriffen wird Zinsen an Banken zahlen die wahrscheinlich die ersten sein werden die staatliche Hilfsmittel im großen Stil bekommen werden?
Warum werden Fixkostenzuschüsse erst am Ende des Geschäftsjahres ausgeschüttet? - Die Fixkosten fallen jetzt an und verursachen jetzt finanzielle Probleme!
Die Stundung von bspw. Leasingraten ist keine Lösung, da dies für maximal drei Monate möglich ist, der Shutdown für die Veranstaltungsbranche voraussichtlich länger als drei Monate dauert und die versäumten Raten in den darauffolgenden 6 Monaten abgezahlt werden müssen.
Zusätzlich wird in allen Hilfsprogrammen nur der wirtschaftliche Schaden der Monate März, April und Mai berücksichtigt. Durch die aktuellen Maßnahmen (Stand 21.04.2020) ist für die Veranstaltungsbranche aber keine Besserung der Lage bis September 2020 zu erwarten, da de facto keine Veranstaltungen durchführbar sind.
Alles in allem werden alle mittelständischen Unternehmen im Stich gelassen und mit der Veranstaltungsbranche wird ein Wirtschaftszweig mit 140.000 Arbeitsplätzen komplett vernachlässigt.